In der inforo-Beitragsreihe „Gesundheit für alle – auch in Pandemie-Zeiten?“ werden Auskünfte aus Partnerkommunen vorgestellt. Sie geben spannende und informative Einblicke in deren Umgang mit den derzeitigen Herausforderungen. Wenn Sie an den Aktivitäten weiterer Kommunen interessiert sind, finden Sie diese hier: https://www.inforo.online/infokiste/list/aktivitaten-und-kapazitaten-der-kommunen-in-der-corona-situation (eine kostenfreie Anmeldung bei inforo-online wird benötigt)
inforo-online: Wie haben sich die Aktivitäten und Kapazitäten bezüglich Gesundheitsförderung und Präventionskette bei Ihnen vor Ort in der Zeit der Corona-Pandemie verändert?
Ulf Kolbe: Mit dem 16. März wurde die Corona-Ermittlung in den Fokus aller Aktivitäten unseres Gesundheitsamtes gerückt. Im Haus wurden Ermittlungsteams gebildet, einem gehörte ich an. Aus diesem Grund gab es fast keine Aktivitäten in den Feldern Gesundheitsförderung und Prävention. Mann könnte sagen, dass wir alles haben fallen lassen und jetzt dabei sind zu überlegen, was wir sinnvollerweise wieder aufheben sollten.
Vor welche besonderen Herausforderungen waren Sie gestellt und welche Ressourcen und Kompensationen haben Sie im Umgang damit gefunden?
Schwierig war es anzuerkennen, welchen Stellenwert die Gesundheitsförderung in der Krise hat, leider einen sehr geringen. Persönlich hatten wir 50-60h-Wochen sowie Wochenenddienste; da war keine Zeit für die eigentliche Arbeitsaufgabe. Auch wenn sich das ab Juni etwas beruhigt hatte, waren keine Aktivitäten möglich, denn auch „draußen“ gab es kaum noch Ansprechpartner bzw. alle waren auf sich selbst zurückgefallen. Für mich war es auch schwer auszuhalten, nicht mal Zeit für Kommunikation zum Thema zu haben (inforo, E-Mail). Nach der besonders intensiven Zeit wurde durch den Arbeitgeber darauf geachtet, dass Stundenüberhänge abgebaut werden. Das war fürsorglich, hat in der Arbeit der Gesundheitsförderung aber natürlich auch nicht geholfen. Kompensation in dieser Zeit waren meine Hobbys und meine Familie.
In der Suchtprävention ist es gelungen die Angebote in Webseminare umzuwandeln, die von den Adressatinnen und Adressaten sehr gut angenommen werden. Dies wird jetzt für den Bereich der Gesundheitsförderung auch übernommen.
Welche Bedürfnisse und Bedarfe können Sie benennen, was auch perspektivisch eine kontinuierliche wie flexible Koordination Ihrer kommunalen Strategie unterstützen würde?
Ich hoffe, dass eine Entzerrung meiner Arbeitsaufgaben erfolgt und wir dann endlich durchstarten können. Aktuell versuche ich, “die Scherben aufzukehren” und Aktivitäten nach draußen zu entwickeln. Das lässt sich ganz gut an, da einige Projekte “in der Pipeline” sind und ich spüre, dass viele Akteure wieder ins Handeln kommen können und vor allen Dingen wollen. Was besonders positiv zu vermerken ist, ist, dass trotz Corona die Arbeit an den Landesgesundheitszielen und deren Umsetzung weiterging und diese jetzt in gedruckter Form vorliegen und breiter bekannt gemacht werden.
Was wir brauchen: personelle Ressourcen, einen höheren Stellenwert der Gesundheitsförderung und die Sichtweise, dass eine gute Gesundheitsförderung ein guter Krisenhelfer hätte sein können.
Das Gute im Schlechten: eine Vollbremsung aller Aktivitäten und damit verbunden der Zwang und die Möglichkeit, neu zu denken!
Newsletter Gesundheitliche Chancengleichheit, Sonderausgabe Corona, 11. Dezember 2020