· Zeit für einen Neuanfang nach 15 Jahren „Hartz IV“
· 6. Armuts- und Reichtumsbericht zeigt: Armut in Deutschland hat sich verfestigt
· Existenzsicherung mit Perspektive statt Kontrollen und Sanktionen
Der 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt: Die Armut in Deutschland hat sich massiv verfestigt. Nach mehr als 15 Jahren „Hartz IV“ ist es dringend Zeit für einen Neuanfang. Die Diakonie Deutschland schlägt in einem heute vorgelegten Konzept vor, die existenzsichernden Hilfen grundlegend neu zu gestalten. Statt auf Sanktionen setzt die Diakonie auf Förderung, Motivation und flächendeckende professionelle Beratung.
„In einem reichen Land wie Deutschland sind immer noch viel zu viele Menschen arm. Wer am Rande der Gesellschaft steht, hat kaum eine Chance, sozial aufzusteigen. Die derzeitigen existenzsichernden Hilfen bieten den meisten Menschen keinen Ausweg aus ihrer prekären Situation. Das ist ein Armutszeugnis für die Politik und das System von Hartz IV“, sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.
Vor allem Langzeitarbeitslosigkeit ist ein großes ungelöstes Problem. Etwa eine Million Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Mit betroffen sind viele Kinder. Der Arbeitsmarkt hat sich nach dem Armuts- und Reichtumsbericht in den vergangenen Jahren zwar positiv entwickelt, doch bei weitem nicht zufriedenstellend. Zwei Drittel der Menschen, die in Armut leben, sind nach fünf Jahren immer noch arm – weil sie weiterhin ohne Job oder nur zu Niedriglöhnen beschäftigt sind.
Maria Loheide: „Menschen, die in Armut leben, brauchen eine echte Perspektive. Existenzsichernde Hilfen sollten motivieren statt sanktionieren und dem Anspruch des ‚Förderns‘ tatsächlich gerecht werden. Hier setzt das Konzept der Diakonie an, weil es Ermutigung, Förderung und Respekt in den Mittelpunkt stellt.“
Das Konzept setzt auf drei Bausteine:
1. Eine „Existenzsicherungsstelle“, die für materielle Absicherung sorgt.
2. Ein „Kompetenzzentrum Arbeit und berufliche Bildung“, das sich auf eine anreizorientierte Arbeitsförderung konzentriert.
3. Vertrauensbasierte „Personenbezogene Soziale Dienste“, insbesondere eine für alle offene „Allgemeine Sozialberatung“, die den Bedarf psychosozialer Hilfen bearbeitet.
„Das bisherige Hartz-IV-System ist mit starken Kontrollen verbunden – ein Wunsch- und Wahlrecht bei sozialen und beruflichen Integrationsmaßnahmen besteht kaum. Eine gute Existenzsicherung hingegen unterstützt, fördert und zeigt Perspektiven auf. Sie verbessert die Situation der Betroffenen und ermöglicht ihnen ein Leben in Würde und mit sozialer Teilhabe“, so Maria Loheide.
Das vollständige Diakonie-Papier “Existenzsicherung neu denken – “Hartz IV” überwinden” lesen Sie hier.
Quelle: Diakonie Deutschland, Kathrin Klinkusch, 29. März 2021