"Im Bürgergeld-Entwurf gab es erste zarte Ansätze, Sanktionen deutlich abzumildern, Beratung menschenfreundlicher zu gestalten und umfassendere Hilfen zu verwirklichen", fasst Carmen Mauerervom Koordinierungskreis der Nationalen Armutskonferenz zusammen. "Diese Ansätze sind noch zarter geworden. Die harte Diskriminierung und Brandmarkung von sozial Ausgegrenzten, die besondersunter der gegenwärtigen Krise leiden, ist dagegen in den Vordergrund geraten". Darüber hinaus lägen die Regelsätze weiterhin deutlich unter dem tatsächlichen Existenzminimum und die Erhöhung zum 1. Januar gleiche nicht einmal die Inflation voll aus.
Starke Kritik an dieser Entwicklung gibt es von den Teilnehmenden des "Treffens der Menschen mit
Armutserfahrung", das die nak regelmäßig ausrichtet: "Es entsetzt uns Menschen mit Armutserfahrung, wie mit einer menschenfeindlichen Desinformationskampagne der Opposition mögliche Fortschritte innerhalb des Bürgergeldes verhindert werden sollten. Stattdessen muss die personelle und fachliche Überlastung, sowie die schlechte Erreichbarkeit der Jobcenter endlich als gesellschaftliches Problem wahrgenommen und gelöst werden", so Kay Raasch aus Freiburg.
Er betont: "Jetzt muss die Debatte darüber geführt werden, wie die Jobcenter die kommenden Aufgaben menschengerecht und lebensnah erfüllen sollen und die Menschen das Lebensnotwendige bekommen, statt auf die Warteschlangen vor den Tafeln verwiesen zu werden." Auch die Finanzierung hierfür müsse sichergestellt werden.
Antonie Krause aus Kiel kritisiert: "Die Konzentration auf Sanktionen soll einen substantiellen Wandel verhindern. Es droht ein Etikettenwechsel statt des angekündigten Kulturwandels. Dieses Anprangern von in Armut Lebenden statt von Armut ist respektlos. Wir vermissen einen kritischen Umgang der Medien mit diesen Kampagnen. Regelmäßig wurden und werden bewusst Falschinformationen über in bitterer Armut Lebende verbreitet, die mit der Realität von Menschen, welche um ihre Existenz kämpfen, nichts zu tun haben."
Monja Ben Messaoud aus dem Bundesland Baden-Württemberg, fasst diese Entwicklung wie folgt
zusammen: "Bevormundung und Paternalismus werden mit dem Bürgergeld nicht überwunden.
Diese Haltung verhindert, dass Leistungsberechtigte eigenständig eine Perspektive für ein Heraustreten aus der Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung entwickeln können. Die Politik muss sich endlich ernsthaft mit der Überwindung von Armut auseinandersetzen, statt ideologische Debatten auf dem Rücken der Betroffenen zu führen.“
Pressemitteilung der Nationalen Armutskonferenz vom 24. November 2022