Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr den seit Langem von der BAG W geforderten Nationalen Aktionsplan zur Überwindung von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit im Koalitionsvertrag aufgegriffen.
Jetzt müssen konkrete Maßnahmen definiert und zügig umgesetzt werden, damit alle von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen eine Perspektive erhalten und ihre unzumutbare Lebenslage ein Ende hat.
Aus diesem Anlass hat die BAG Wohnungslosenhilfe (BAG W) unter dem Titel „WOHNUNG_LOS!“ eine bundesweite Kampagne ins Leben gerufen.
Die BAG W ruft alle Einrichtungen und Dienste der Wohnungsnotfallhilfe, alle Institutionen, Organisationen und Akteur*innen auf, sich einzubringen und mit eigenen Aktionen vor Ort sowie in den sozialen Medien auf die notwendigen politischen Maßnahmen aufmerksam zu machen, um bis 2030 Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit in Deutschland zu beenden.
Höhepunkt der Kampagne ist die Aktionswoche vom 8. bis 16. September 2022, orientiert am 11. September (dem Tag der Wohnungslosen).
Die Kernforderungen der BAG W für den Nationalen Aktionsplan sind:
- Wohnungen für Wohnungslose! - Wohnungen beschaffen: Wir brauchen mehr günstige Wohnungen. Der Bund muss die Finanzhilfen für den sozialen Wohnungsbau spürbar aufstocken. Notwendig sind die Steuerung des Wohnungsmarktes, die langfristige und dauerhafte Sozialbindung für geförderte Wohnungen und eine soziale Mieten- und Wohnungspolitik. Darüber hinaus muss es feste Wohnungskontingente für wohnungslose Menschen geben. Neu gebaute Wohnungen müssen bezahlbar und bedarfsgerecht konzipiert sein.
- Prävention stärken! – Keine Wohnung darf verloren gehen: Vermeidung von Wohnungslosigkeit ist die beste Hilfe. Deshalb muss das präventive System zur Verhinderung von Wohnungsverlusten ausgebaut werden. Dazu zählen die Etablierung von kommunalen Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten sowie ein dichtes Netz von Beratungsstellen und anderen Hilfeangeboten nach den §§ 67 ff. SGB XII im gesamten Bundesgebiet.
- Gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen! – Zugänge sichern: Wohnungslose Menschen müssen zu allen existenziellen Bereichen des Lebens Zugang haben. Dazu gehören Erwerbsarbeit, Bildung, soziale und digitale Teilhabe sowie Partizipation. Dabei sind die besonderen Lebenslagen von Frauen, Familien und jungen Menschen zu berücksichtigen. Dafür sind entsprechende Maßnahmen und Förderprogramme von Bund, Ländern und Kommunen notwendig.
- Menschenwürdige Unterbringung garantieren! – Standards in der ordnungsrechtlichen Unterbringung gewährleisten und niedrigschwellige Versorgungsangebote sichern: Wir fordern den Bund auf, ein integriertes Notversorgungskonzept inklusive Leitlinien und Mindeststandards für eine menschenwürdige, geschlechtergerechte und rechtssichere Unterbringung zu entwickeln – dazu zählen u. a. Einzelzimmer, 24/7-Unterkünfte für alle Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität sowie ein niedrigschwelliger Zugang zu weiterführender Beratung. Die basale Versorgung der Menschen ist zu gewährleisten, deshalb muss die langfristige Absicherung der niedrigschwelligen Dienste und Einrichtungen sichergestellt sein.
- Gesundheit ist Menschenrecht! – Sicherung des Krankenversorgungsschutzes und Zugang zur gesundheitlichen Versorgung für alle: Der Bund muss initiativ werden, um mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen (GKV-Spitzenverband) zu Vereinbarungen zu kommen, die den kassenärztlichen Sicherstellungsauftrag auch in Bezug auf wohnungslose Patienten garantieren. Wir fordern, den Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen zu sichern, egal, woher sie stammen. Wohnungslosen Menschen müssen zudem die Krankenkassenbeitragsschulden erlassen werden. Es braucht Clearingstellen bundesweit und eine grundlegende Finanzierung der medizinischen Versorgungsangebote im niedrigschwelligen Bereich.
Auf der Kampagnenseite stehen Materialien und weiterführende Informationen zur Beteiligung zur Verfügung.
erschienen in Der Paritätische - Gesamtverband vom 5. August 2022