Gesundheit ist individuell. Jeder Mensch hat eine eigene Vorstellung und ihm eigene Ressourcen, die seine Gesundheit beeinflussen. Manch einer ist mit einem guten Immunsystem ausgestattet oder kann in psychisch belastenden Situationen auf die Unterstützung seiner Familie oder Freunde vertrauen. Wieder andere haben die Möglichkeiten, selbst für ihre Gesundheit zu sorgen, etwa durch Zusatzleistungen beim Arzt oder den regelmäßigen Besuch im Fitnessstudio. Sogar ein Urlaub kann die Gesundheit fördern, wenn der belastende Alltag zuhause bleibt.
Diese Einzigartigkeit bedeutet jedoch auch, dass es Menschen gibt, die statt förderlichen Ressourcen in ihrem Leben vor allem Risiken für die Gesundheit erfahren oder keinen Zugang zu Präventionskursen und Co. haben.
Diese werden in der Gesundheitsförderung als vulnerable Zielgruppen bezeichnet und sind häufig durch ihre Lebensbedingungen Risiken ausgesetzt, die alles andere als förderlich für die Gesundheit sind. Das GKV-Bündnis für Gesundheit benennt hier vorrangig die folgenden Gruppen:
- Arbeitslose Menschen
- Werdende, junge Familien und Alleinerziehende
- Menschen mit Migrationshintergrund
- Menschen mit Behinderungen
- Ältere Menschen
- Pflegebedürftige Menschen
- Menschen mit Suchtbelastungen
- Kinder aus suchtbelasteten Familien
Das heißt nun zwar nicht, dass alle Menschen, die zu einer dieser Gruppen gehören, per Definition weniger gesund sind als andere. Es bedeutet jedoch, dass diese Menschen in ihrem Alltag besonderen Belastungen ausgesetzt sind, die durch entsprechende Ressourcen ausgeglichen werden müssen, damit ein gesundes Leben möglich ist.
Und genau diese benötigten Ressourcen sind der Knackpunkt. Gerade die oben genannten Gruppen sind häufig von mehrfachen Risikofaktoren betroffen und zudem auch in ihren finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt.
Die Gesundheitsförderung versucht, auf diese Situationen zu reagieren, um allen Menschen Zugang zu entsprechenden Angeboten zu ermöglichen. Partizipation, Niedrigschwelligkeit und gesundheitliche Chancengleichheit sind dabei Grundsätze, die ein gesundes Leben für alle Zielgruppen sicherstellen sollen.
Mit dem Präventionsgesetz stehen seit 2016 auch verstärkt Mittel zur Verfügung, um von der Theorie in die Praxis zu kommen. Maßnahmen und Projekte können nun nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt werden.
Die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Mecklenburg-Vorpommern e. V. setzt sich derzeit mit ihren Projekten vor allem für die Zielgruppen Erwerbslose und Alleinerziehende ein. Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit konzentriert sich zudem auf die Gesundheitsförderung im kommunalen Setting, da insbesondere vulnerable Zielgruppen Angebote auf kommunaler Ebene ohne Stigmatisierung und materielle Hürden annehmen können.
So können zum Beispiel Sportangebote vor Ort mit gestaffelten Beiträgen gestaltet, Ernährungskurse im Dorfgemeinschaftshaus durchgeführt oder ein Yoga-Treff im Stadtpark angeboten werden. Stehen diese Maßnahmen allen Bürgerinnen und Bürgern offen, werden damit die „Grenzen“ zwischen Zielgruppen abgebaut, das Gemeinschaftsgefüge gestärkt und Gesundheit für alle möglich gemacht.
Übrigens sind nicht alle Akteure mit dem Begriff „vulnerable Zielgruppen“ einverstanden. Einige sind der Meinung, dass er einen defizitorientierten Ansatz widerspiegelt und dass gerade in der partizipativen Arbeit „Zielgruppe“ generell eine unglückliche Wortwahl ist. In der Gesundheitsförderung sind wir dagegen lieber ressourcenorientiert und arbeiten mit und für Menschen. Auf der anderen Seite ist es jedoch tatsächlich so, dass bestimmte Gruppen in höherem Maße von Angeboten der Gesundheitsförderung profitieren als andere. Auch hier gibt es also unterschiedliche Meinungen und Vorstellungen. Aber egal, ob man von vulnerablen Zielgruppen oder maximal profitierenden Personen spricht: Wichtig ist, dass wir die Bedarfe und Bedürfnisse dieser Menschen nicht vergessen und uns mit Sensibilität, Fachlichkeit und Verständnis dafür einsetzen, dass ein gesundes Leben für alle möglich ist!